Am Samstag, 12.10.2024, um 19:00 Uhr
80802 München, Nikolaiplatz , 1b
Anfahrt: U-Bahn 3, 6 "Giselastraße" und Bus 54 und 154 "Thiemestraße"
Ende der Veranstaltung: ca. 21:00 Uhr
20.00 | Euro | Normalpreis |
15.00 | Euro | ermäßigter Preis |
5.00 | Euro | für Kinder bis 14 Jahre |
von links: Paul Buruiana, Louis Mühlbauer, Martin Keller und Dmitrij Romanov
Zum Programm:
fis-Moll – die Leidenschaftliche
An der Schwelle zur Romantik komponiert Beethoven 1817 den dritten Satz seiner kolossalen Hammerklaviersonate op. 106: Adagio sostenuto, Appassionato e con molto sentimento – „leidenschaftlich und mit viel Gefühl“. Für den wohl gewichtigsten langsamen Satz seiner 32 Klaviersonaten erwählt Beethoven die Tonart fis-Moll, womit er den romantischen Komponisten nach ihm den Weg zur Vertonung ihrer passioniertesten Herzensangelegenheiten ebnet. Angefangen bei Schumanns erster Klaviersonate op. 11, Brahms zweiter op. 2, Chopins Polonaise op. 44, später auch Rachmaninows erstes Klavierkonzert op. 1 oder Skrjabins einziges, op. 20: fis-Moll bedeutet junge Leidenschaft, die allzu häufig in leidvollem Herzschmerz endet.
Maurice Ravel (1875-1937) Sonatine in fis-Moll M. 40 (1903-1905)
Als zusammen mit Claude Debussy bedeutendster Vertreter des Impressionismus hatte Maurice Ravel an den klassisch tradierten Formen genauso wenig Interesse wie mit Musik als Ausdrucksmittel der eigenen Gefühle. Ganz im Gegensatz zu seinen romantischen Vorgängern ging es ihm vielmehr darum, im Hörer die Impression eines ganz bestimmten Klangbildes hervorzurufen. Somit stellt die 1903 bis 1905 entstandene fis-Moll-Sonatine in zweierlei Hinsicht eine Ausnahme im Oeuvre Ravels dar: Nicht nur folgt sie mit einem Sonatensatz zu Beginn, einem Menuett als langsamem Satz und einem abschließenden, raschen Rondo dem klassischen Aufbau einer Sonatine. Sie ist auch eines der leidenschaftlichsten Klavierwerke Ravels, welcher den Kopfsatz sogar mit der Anweisung doux et expressif, also „weich und ausdrucksstark“, versieht.
Alexander Skrjabin (1872-1915) Sonate in fis-Moll op. 23 ´États d´âme´ (1898)
Mit ´États d´âme´, sprich „Zustände der Seele“, betitelt Alexander Skrjabin seine dritte Klaviersonate op. 23 in fis-Moll, welche nicht nur die letzte seiner frühen Schaffensperiode darstellt, sondern neben seiner ersten auch die längste aller insgesamt zehn Sonaten. Skrjabin versieht jeden der vier Sätze seiner leidenschaftlichsten Sonate mit einem eigenen Programm, um die Struktur der menschlichen Seele in ihrer Gesamtheit zu verklanglichen:
1. Drammatico: Die freie, ungezähmte Seele stürzt sich mit Leidenschaft in Schmerz und Kampf.
2. Allegretto: Die Seele hat eine Art von momentaner, trügerischer Ruhe gefunden. Aber der leichte Rhythous, die duftenden Harmonien, sind nur ein Schleier, durch den die unruhige Seele hindurchscheint.
3. Andante: Die Seele treibt auf einem Meer von sanften Gefühlen und Melancholie.
4. Presto con fuoco – Maestoso: Im Aufruhr der entfesselten Elemente kämpft die Seele, wie trunken. Aus den Tiefen erhebt sich die Stimme des Gott-Menschen, dessen Siegesgesang triumphierend widerhallt!
Skrjabins fis-Moll-Sonate lässt sich zudem als seine formsicherste bezeichnen, da er die Sätze auf brillante Weise motivisch miteinander verknüpft: Im dritten Satz erklingt vor dem Überfall des tumultuösen Schlusssatzes das Thema des Kopfsatzes als ferne Erinnerung, und im Finale kehrt das einst so weltfremde Thema des dritten Satzes triumphal und auf aitherischem Fis-Dur wieder.
Clara Schumann (1819-1896) fis-Moll-Variationen über ein Thema von Robert op. 20 (1853)
Das wohl beste musikhistorische Beispiel für leidenschaffende Leidenschaft besteht in der langen Liebesbeziehung zwischen Robert und Clara Schumann, geborene Wieck. Fünf Tage vor Roberts 43. Geburtstag schreibt Clara in ihr Tagebuch, dass sie ihre Variationen über ein Thema von ihm fertig gestellt habe. In diesem rund zehnminütigem Variationswerk in fis-Moll greift sie das erste Stück aus Roberts Zyklus ´Bunte Blätter´ op. 99 auf. Als Clara dem jungen Brahms ihre Variationen am Klavier vorspielt, ist dieser von dem Werk so begeistert, dass er seinen eigenen, noch umfangreicheren Variationszyklus über das Thema seines Mentors komponiert. Robert vermochte sich aber nicht mehr über die ihm gewidmeten Variationen seiner liebsten Clara zu freuen, da er zu diesem Zeitpunkt bereits in die Nervenheilanstalt Endenich bei Bonn eingeliefert wurde, nachdem er sich am 27. Februar 1854 im Todeswunsch in den Rhein gestürzt hatte.
Robert Schumann (1810-1856) Sonate in fis-Moll op. 11 (1835)
Aus einem früheren und deutlich herzerfüllteren Kapitel seines Lebens stammt Robert Schumanns fis-Moll-Sonate op. 11: Im Entstehungsjahr der Sonate werden die 16-jährige Clara und der 25-jährige Robert zum Liebespaar. Doch der biografische Kontext seiner ersten und viersätzigen Klaviersonate gestaltet sich für Robert als seelisch äußerst aufwühlend: Auf Druck ihres Vaters, der dem jungen Paar jeglichen Kontakt verbietet, schickt Clara das Manuskript der an sie dedizierten Sonate an ihn zurück. Jeder Takt des über 30-minütigen Werkes trieft nur so vor Leidenschaft, sodass schon im Kopfsatz im Un poco Adagio – Allegro vivace kein Platz für Sonatenhauptsatzform ist. Vielmehr handelt es sich hier um eine romantische Tondichtung, in der Schumann auch Charakteristika eines spanischen ´Fandango´ anklingen lässt, sowie auch der dritte Satz, Scherzo e Intermezzo, Elemente der Tanzmusik aufgreift. Erst das improvisatorische und in seinen lyrischen Passagen so bezaubernde Finale im Allegro un poco maestoso entspricht der Rondoform einer gängigen Sonate. Besonders im zweiten Satz kommt Schumanns ambivalentes Seelenleben zum Ausdruck: Er notiert senza passione, ma espressivo – „ohne Leidenschaft, aber mit Ausdruck“. Ein Widerspruch in sich – oder möglicherweise ein Aufruf an seine eigene Vernunft?
Louis Mühlbauer
Das Programm:
Maurice Ravel (1875–1937)
Sonatine fis-Moll M. 40 (1903–05)
Modéré
Mouvement de Menuet
Animé
Paul Buruiana, Klavier
Alexander Skrjabin (1872–1915)
Klaviersonate Nr. 3 fis-Moll op. 23 „États d´âme“ (1898)
Drammatico
Allegretto
Andante
Presto con fuoco – Maestoso
Louis Mühlbauer, Klavier
Pause
Clara Schumann (1819–1896)
Variationen über ein Thema von Robert Schumann fis-Moll op. 20 (1853)
Ziemlich langsam – Poco animato
Martin Keller, Klavier
Robert Schumann (1810–1856)
Klaviersonate Nr. 1 fis-Moll op. 11 (1832–35)
Introduzione. Un poco Adagio – Allegro vivace
Aria
Scherzo e Intermezzo. Allegrissimo
Finale. Allegro un poco maestoso
Dmitrij Romanov, Klavier
Idee, Konzept und Moderation: Louis Mühlbauer